Die zyklische Seufzer Atmung: schnelle Beruhigung in Stresssituationen

In diesem Artikel möchte ich dir eine der wirksamsten Methoden vorstellen, wenn es darum geht, dich in Hochstresssituationen schnell und spürbar zu beruhigen.

Dies ist nämlich eine Schwachstelle bei der Anwendung der Spiritual Technologies und Releasing Techniken. Sie alle wirken zwar sehr gut im Nachhinein, wenn wir die psychischen Überbleibsel beseitigen wollen, die uns gedanklich und emotional an bereits vergangene Stresssituationen fesseln. Und sie wirken auch sehr gut im Voraus, wenn wir uns gut auf belastende Situationen vorbereiten oder unsere generelle Reaktivität reduzieren wollen. Für die Anwendung in akuten Stresssituationen sind sie jedoch weit weniger geeignet.

In solchen Situationen fällt es uns oft sehr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen und wir verlieren die Kontrolle über unsere inneren Reaktionen. Unsere Atmung beschleunigt sich und unser Herz beginnt schneller und stärker zu schlagen als sonst. Wir verspannen uns, beginnen zu schwitzen und das Blut wird in die großen Muskeln unseres Körpers gepumpt, damit wir der Stresssituation entkommen können.

All dies sind Reaktionen, auf die wir normalerweise nur indirekt Einfluss nehmen können, da sie vom autonomen Nervensystem gesteuert werden. Dieses ist für die Regulierung von biologisch festliegenden, automatisch ablaufenden innerkörperlichen Vorgängen zuständig.

Nun gibt es im Rahmen der Stressreaktion aber einen autonom ablaufenden neurologischen Schaltkreis, auf den wir direkt einwirken können.

Dieser Schaltkreis läuft folgendermaßen ab:

Bei einer tiefen Einatmung dehnen sich die Lungenflügel aus, wodurch das Zwerchfell nach unten gedrückt wird. Das Herz wird dabei etwas größer, da es mehr Platz im Brustraum findet. Dadurch wird der Blutfluss im Herzen ein kleines bisschen verlangsamt. Dies wiederum wird vom sogenannten Sinusknoten registriert, worauf hin dieser ein Signal an das Gehirn sendet und diesem mitteilt, dass das Blut nun langsamer durch das Herz fließt. Als Antwort sendet das Gehirn dann dem Herzen ein Signal zurück, das dazu führt, dass sich die Herzfrequenz beschleunigt.

Dies bedeutet für uns: Wenn wir wollen, dass unser Herz schneller schlägt, dann müssen wir nur tiefer und länger einatmen als sonst und die Einatmung muss länger sein als die Ausatmung.

Bei einer tiefen Ausatmung dagegen hebt sich das Zwerchfell. Dadurch wird das Herz leicht zusammengedrückt, was wiederum die Blutzirkulation im Herzen etwas beschleunigt. Diese Beschleunigung wird vom Sinusknoten erkannt. Er sendet eine entsprechende Botschaft ans Gehirn und das Gehirn schickt ein Signal zurück zum Herzen, das dazu führt, dass sich der Herzschlag verlangsamt.

Wenn wir unseren Herzschlag verlangsamen wollen, müssen wir also nur länger und vollständiger ausatmen als sonst und die Ausatmung muss länger sein als die Einatmung.

Diese Vorgehensweise ist dabei deshalb so effektiv, weil sie direkt auf das autonome Nervensystem einwirkt. Und sie ist sehr praktisch, da sie ohne lange vorherige Übung jederzeit mitten in einer Stresssituation eingesetzt werden kann. Schließlich können wir alle ohne Training länger ausatmen als einatmen. In der Umsetzung könnte das dann folgendermaßen aussehen:

Die Entspannungsatmung

Atme durch die Nase für eine bestimmte Dauer ein. Dann atme durch den Mund aus, wobei du doppelt so lange ausatmest wie du eingeatmet hast.  (Je nachdem, wie es sich für dich gut anfühlt, atme also 2 Takte ein und 4 aus, oder 3 Takte ein und 6 aus, oder 4 Takte ein und 8 aus, etc.)

Nun gibt es eine Form der Atmung, die auf den eben beschriebenen Erkenntnissen rund um die Entspannungsatmung aufbaut, deren Wirkung aber sogar noch übertrifft: die zyklische Seufzer Atmung.

Laut Professor Andrew Huberman von der Stanford Universität ist die zyklische Seufzer Atmung möglicherweise sogar die schnellste und effektivste Methode, um unser gesamtes Nervensystem in Stresssituationen sofort und spürbar zu beruhigen. Darauf deuten zumindest die aktuellen Forschungsergebnisse von Professor Jack Feldman von der U.C.L.A. und von Professor Mark Krasner von der Stanford Universität hin, die sich intensiv damit beschäftigt haben.

Bei der Seufzer Atmung splittet man die Einatmung in zwei Phasen auf. Man unterbricht die Einatmung also durch eine kurze Unterbrechung in zwei Teile. Die darauffolgende Ausatmung sollte dann wieder doppelt so lang sein wie die Einatmung.

Die zyklische Seufzer Atmung

Atme also durch die Nase ein, unterbreche die Einatmung kurz und atme weiter ein. Danach atme doppelt so lange durch den Mund wieder aus.

Der zusätzliche Nutzen gegenüber der Entspannungsatmung kommt durch folgenden Mechanismus zustande: weil die Alveolen in unseren Lungen bei Stress kollabieren, erhöht sich der Kohlendioxidgehalt in unserem Blut. Dies verstärkt unsere Stressreaktion. Die doppelte Einatmung bei der Seufzer Atmung führt nun dazu, dass die Alveolen wieder aufgeblasen werden. Durch die lange darauffolgende Ausatmung kann das Kohlendioxid dann besser aus dem Blut entfernt werden. Dies wiederum entspannt den Körper sehr schnell.

Es reichen bereits 3-5 Wiederholungen des Seufzer Atmens, um eine beruhigende Wirkung zu erzielen. Besser ist es natürlich, wenn du dir ein paar Minuten Zeit dafür nehmen kannst.

Nichts beruhigt dich im konkreten Stressmoment schneller als dies!

Wenn du die Seufzer Atmung einmal mithilfe einer gesprochenen und bildhaften Anleitung ausprobieren möchtest, hier zwei links zu sehr hilfreichen Youtube Videos dazu:

Erst mit langsamer Atmung für Anfänger:

Cyclic Breathing For Beginners: Guided Breathwork by Andrew Huberman

Und hier mit etwas schnellerer Atmung:

Guided Cyclic Sighing (5 Minutes) – Andrew Huberman

Ich wünsche dir viel Freude und Erfolg beim Experimentieren damit.

Mit besten Grüßen aus München,

Michael

Quelle: Andrew Huberman podcast