Das Mysterium des Bewusstseins

Der Überlieferung zufolge sollen sich am Eingang des heiligen Tempels von Delphi zwei Inschriften befunden haben, die da lauteten „Erkenne dich selbst“ und „Alles in Maßen“.

Da es sich beim Tempel von Delphi um den wichtigsten Tempel des antiken Griechenlands gehandelt hat, der gleichzeitig als Mittelpunkt der Welt angesehen wurde, kann man davon ausgehen, dass diesen beiden Sätzen eine außerordentlich wichtige philosophische Bedeutung beigemessen wurde.

Dies ist bei genauerer Betrachtung auch tatsächlich der Fall.

Alles in Maßen

So ist der Hinweis, dass man bei allem darauf achten sollte, das richtige Maß zu finden, in der Tat nicht weniger als die Grundlage für ein glückliches Leben. Wer Maß hält, ist nämlich nicht nur vor den leidvollen Folgen von Gier, Habsucht, Neid und allen Süchten gefeit, sondern er optimiert auch seine Genüsse. Der Grund hierfür liegt darin, dass es für jeden Genuss auch durchaus ein „Zuviel“ gibt, das sich in Übersättigung und Gewöhnung äußert und jeglichem Genuss abträglich ist.

Erkenne dich selbst

Dann ist da noch die Aufforderung „Erkenne dich selbst!“ Weshalb aber sollte es so wichtig sein, sich selbst zu erkennen?

Nun, weil man dabei auf das größte Mysterium stößt, das es überhaupt gibt, – das Mysterium des Bewusstseins.

Unbewusste Motive erkennen

Schon von einem rein psychologischen Standpunkt aus betrachtet kann uns mehr Selbsterkenntnis dazu verhelfen, ein bewussteres und glücklicheres Leben zu führen. Im Rahmen einer psychologischen Selbsterforschung geht es schließlich darum,  Motivationsfaktoren aufzuspüren, die uns aus dem Unterbewusstsein heraus blockieren, boykottieren oder dazu antreiben, Entscheidungen zu treffen und Dinge zu tun, die nicht gut für uns und/oder unsere Mitmenschen sind. Durch die Bewusstmachung von unbewusst bzw. automatisch ablaufenden inneren Prozessen befreien wir uns somit schrittweise aus dem Autopilotmodus und erlangen immer mehr Freiheitsgrade.

Neben dieser psychologischen Selbsterforschung gibt es aber noch eine wesentlich tiefer reichende philosophische Selbsterforschung, die uns zu erstaunlichen Erkenntnissen verhilft.

Das Erkennende und das Erkannte

Beginnen wir hierfür mit einer fast schon banalen aber grundsätzlichen Überlegung. Wer sich selbst erkennen will, benötigt nämlich zu allererst einmal Bewusstsein. Ohne Bewusstsein ist schließlich keinerlei Erkenntnisprozess möglich. Aus diesem Grund kann sich z.B. ein Stein, der ja bekanntlich über kein Bewusstsein verfügt, auch nicht selbst erkennen.

Erkenntnis verlangt also, dass es einen Erkennenden gibt. Und es muss nicht extra erwähnt werden, dass nur das Erkannte bzw. das Objekt des Erkennens materiell oder unbewusst sein kann, nicht jedoch das Erkennende selbst. Das Erkennende selbst muss bewusst sein! Doch nicht nur dies – Bewusstsein kann nicht nur eine Eigenschaft des Erkennenden sein, sondern muss dessen wahre Existenz sein, da es andernfalls lediglich die Eigenschaft einer unbewussten Ursache wäre. Dies ist jedoch eine völlig absurde Vorstellung, die der Behauptung gleichkäme, dass die Musik, die man im Radio hören kann, ein Nebenprodukt des Radiogeräts sei und das Radiogerät selbst deren Ursache.

Wir können also schlussfolgern, dass das Erkennende substantiell und essentiell Bewusstsein sein muss, und dass es das Bewusstsein selbst ist, das die Erscheinungen erkennt.

Nun kommt aber die große Frage. Welche Beziehung besteht zwischen Bewusstsein und den Bewusstseinsinhalten (= den Wahrnehmungsobjekten)? Die Beziehung selbst muss bewusst oder eine Form des Bewusstseins sein, da die Verbindung zwischen Bewusstsein und seinen Inhalten andernfalls unbewusst wäre, was zur Folge hätte, dass es unmöglich wäre, dass überhaupt irgendjemand irgendetwas erkennt. Da wir uns alle darüber einig sind, dass es so etwas wie Erkenntnis gibt, beweist dies, dass nicht nur das Erkennende ein Bewusstseinszentrum ist, sondern dass sogar die Beziehung zwischen dem Erkennenden und dem Erkannten ein Prozess des Bewusstseins sein muss. Da diese Beziehung zwischen dem Erkennenden und dem Erkannten in Form des Erkenntnisprozesses selbst irgendwie mit dem Objekt der Erkenntnis in Verbindung stehen muss und diese Verbindung eine zweite Beziehung darstellen würde, die nun ebenfalls erklärt werden müsste, bleibt als letztendliche Schlussfolgerung nur die Annahme, dass eine Verbindung zwischen dem Erkennenden und dem Objekt der Erkenntnis unmöglich ist, es sei denn, dass das Objekt ebenfalls eine Erscheinung des Bewusstseins selbst darstellt.

So gelangen wir zu einem wunderbaren Ergebnis: Bewusstsein kennt Bewusstsein durch Bewusstsein, was auch dem berühmten Lehrsatz der Vedanta-Philosophie entspricht: Sat ist Chit –  Existenz ist Bewusstsein. Dies ist eine Wahrheit, die wir anhand einer rein logischen Analyse erreicht haben.

Bewusstsein und Existenz sind ein und dasselbe

Gehen wir nun aber noch einen Schritt weiter. (Vorsicht, jetzt wird es kompliziert!)

Wenn unsere bisherigen Überlegungen stimmen und wir unserer Essenz nach Bewusstsein sind, dann heißt dies gleichzeitig, dass wir unserem Wesen nach auch unendlich sind.

Der logische Grund hierfür liegt darin begründet, dass es unmöglich ist, sich etwas vorzustellen, dass Bewusstsein begrenzen könnte. Um Bewusstsein begrenzen zu können, müsste sich dieses Bewusstsein begrenzende Etwas nämlich außerhalb von Bewusstsein befinden. Dies ist aber nicht möglich. Schließlich müsste das, was sich außerhalb des Bewusstseins befindet, erst zum Inhalt des Bewusstseins werden, damit es überhaupt ein Bewusstsein davon geben könnte, dass etwas außerhalb des Bewusstseins existiert.

Außerdem ist es unmöglich, dass etwas, das seinem Wesen nach nicht selbst Bewusstsein ist, zu einem Inhalt von Bewusstsein werden kann, da der Bewusstseinsinhalt in Beziehung zu Bewusstsein gebracht werden muss, um überhaupt zu seinem Inhalt werden zu können.

Die Ergebnisse dieser Analyse lauten somit:

  1. die Bewusstseinsinhalte müssen ihrem Wesen nach Ähnlichkeit zum Bewusstsein selbst aufweisen, um überhaupt irgendeine Beziehung zum Bewusstsein herstellen zu können.
  2. die Beziehung der Bewusstseinsinhalte zum Bewusstsein muss ebenfalls irgendeine Art von Wesensähnlichkeit zum bestehenden Bewusstsein aufweisen, was bedeutet, dass die Beziehung selbst ihrem Wesen nach Bewusstsein sein muss.

Da alles Wahrnehmbare oder Vorstellbare zum Inhalt von Bewusstsein werden muss, um erkennbar zu sein, bedeutet dies, dass Bewusstsein die gesamte Existenz in sich enthält. Dies bedeutet jedoch gleichzeitig, dass sich die gesamte Existenz durch eine Wesensähnlichkeit zu Bewusstsein auszeichnen muss.

Existenz muss demnach Bewusstsein sein und Bewusstsein Existenz.

Kommen wir nun noch einmal zur Inschrift am Eingang des Tempels von Delphi zurück, die da lautete „Erkenne dich selbst“.

Nach der eben durchgeführten logischen Analyse des Sachverhalts dürfte klar sein, dass diese Inschrift nicht weniger ist als ein direkter Wegweiser zur Erkenntnis unserer letztendlichen Einheit mit allem was ist.

Alles ist eins

Und genau dies ist es, was uns die Mystiker und Erleuchteten aller Kulturen und Zeitalter sagten. Im tiefsten Grund unseres Seins sind wir laut ihren Aussagen alle unendliches Bewusstsein, vollständig und eins mit der gesamten Existenz.

Dies nicht nur intellektuell zu verstehen, sondern als lebendige Wahrheit zu erfahren, ist Erleuchtung. Und der Weg dorthin, kann durch eine intensive Selbsterforschung, wie sie im  Gnostischen Intensiv Prozess oder der  “Wer bin ich – Meditation” vorangetrieben wird, beschleunigt werden.

Aber nicht nur dies. Auch mithilfe des PEAT Prozesses und vieler anderer Psychointegrationsmethoden kannst du ebenfalls einen Geschmack deines grenzenlosen Wesenskerns erlangen.