Die psychodynamischen Hintergründe des Drogenkonsums

In der Arbeit mit Alkohol- bzw. Drogensüchtigen Menschen stellt sich immer die Frage, welche psychische Funktion die jeweilige Substanz im Leben des Abhängigen hat. Dabei geht es weniger um den Lustgewinn, den der Süchtige am Anfang seines Konsums erfahren hat, als vielmehr um die Erleichterung, die er erführt, wenn er die Substanz zu sich nimmt bzw. um die Abwehr von bedrohlichen Gefühlen. Der Konsum ist somit als Versuch zu verstehen, bestimmte Gefühle loszuwerden, die den Abhängigen zu überschwemmen drohen und die er oft nicht in Worten ausdrücken kann.

Nach Wurmser gibt es dabei einen klaren Zusammenhang zwischen der jeweiligen Droge und bestimmten Gefühlen, mit denen der Konsument nicht klar kommt.

Menschen, die sich besonders zu Beruhigungs-bzw. Schlafmitteln wie Benzodiazepinen oder Opioiden hingezogen fühlen, versuchen mit diesen Substanzen insbesondere  Gefühle der Scham, der Beschämung, der Angst, Eifersucht und Wut zu verdrängen.

Menschen, die einen besonderen Hang zu Aufputschmitteln wie Amphetaminen, Crystal Meth oder Kokain aufweisen, bekämpfen damit in der Regel Gefühle der Erschöpfung, der Kraftlosigkeit, der Antriebslosigkeit sowie Depressionen.

Alkohol hilft besonders jenen, die bewusst oder unterbewusst mit Schuld- und Einsamkeitsgefühlen kämpfen.

Menschen, die immer wieder auf Empathogene wie Extasy zurückgreifen, verdrängen damit vor allem ihre Kontaktängste  sowie Gefühle der Nichtzugehörigkeit und Ungeborgenheit.

Eine besondere Affinität zu Cannabis und psychedelischen Drogen wie LSD deutet dagegen auf den dringenden Wunsch hin, Langeweile und innere Leere loszuwerden bzw. auf eine Unzufriedenheit im Bereich der Werte, Ideale und Sinnfragen.

Wenn du zu den Menschen gehörst, die eine klare Vorliebe für eine der genannten Substanzgruppen haben und dabei Gefahr laufen, in eine Abhängigkeit zu geraten, solltest du dich also mit den entsprechenden Emotionen auseinandersetzen und lernen, diese als Nawi zu verstehen und mit ihnen konstruktiv umzugehen.

Eine sehr gute Möglichkeit hierfür besteht darin, sich gelegentlich Zeit dafür zu nehmen, die entsprechenden Gefühle aktiv im Nervensystem zu aktivieren und ihnen so bewusst wie möglich und mit so wenig Widerstand wie möglich Aufmerksamkeit zu schenken. Fühle das unangenehme Gefühl also so vollständig du kannst und übertreibe es sogar, so als würdest du es stärker fühlen als es wirklich ist. Hierdurch erlangst du bereits etwas Kontrolle über das Gefühl und bist ihm nicht mehr ausschließlich passiv ausgeliefert. Achte darauf, wo du das Gefühl in deinem Körper am stärksten wahrnehmen kannst, wie groß dieser Bereich ist, welche Form er hat und schreibe ihm sogar Eigenschaften zu, die er eigentlich gar nicht aufweist, wie Farbe, Form, Gewicht oder Oberflächentextur.

Sobald du das Gefühl deutlich spüren kannst und seine Eigenschaften bestimmt hast, schlüpfe oder gleite in das Gefühl hinein, so dass du so vollständig wie möglich mit ihm verschmilzt. Versuche nicht, das Gefühl zu verändern oder loszuwerden. Fühle es stattdessen als reine Energie, fühle seine Qualität. Es besteht aus dynamischer Energie, aus konzentrierter Lebendigkeit. Heiße es willkommen, fühle ihm gegenüber Wohlwollen. Fühle wie es sich anfühlt, es zu sein. Nimm seinen Standpunkt ein und sei für einige Minuten ganz mit ihm identifiziert. Versuche gleichzeitig, die Geschichte bzw. die Gedanken zu ignorieren, die das Gefühl erzeugen und mit ihm einhergehen. Konzentriere dich ganz aufs Fühlen.

Auf diese Weise hörst du damit auf, das Gefühl zu verdrängen und von dir wegzuschieben. Stattdessen nimmst du es in Besitz und du wirst feststellen, dass es seinen Schrecken verliert und sich verwandelt. Du wirst die Wahrheit der Worte des berühmten Psychoanalytikers Carl Gustav Jung erkennen: „Man wandelt nur das, was man annimmt.“

Solltest du bei dieser Übung feststellen, dass dich die Intensität des Gefühls überfordert, wende einfach irgendeine Methode aus dem reichen Schatz der Psychonintegrationsmethoden darauf an. Dies wird dir sofort Erleichterung verschaffen und dir dabei helfen, dich dem Gefühl angstfrei zu nähern.

 

“In Wahrheit ist nichts in uns, was uns verletzen kann; nur die Angst vor unseren eigenen Gefühlen kann uns gefangenhalten.
Wenn etwas Ungewöhnliches oder Unerwartetes während der Meditationen auftaucht, ist es am besten es einfach voll anzuschauen, dranzubleiben und es so intensiv wie möglich zu spüren. Du wirst feststellen, daß es dich von da an nicht mehr negativ beeinflußt. Wir leiden unter Ängsten, weil wir uns bestimmten Dingen nicht stellen wollen. Wenn wir einmal bereit sind, den Ursprung einer Angst ohne Ausflüchte und Wenn und Aber anzuschauen, dann verliert sie ihren Schrecken. “

(Shakti Gawain)