Die Hierarchie unserer Bedürfnisse nach Abraham Maslow

Wer ein glückliches und erfülltes Leben führen möchte tut gut daran, die eigenen Bedürfnisse zu kennen und diese auch angemessen zu stillen.

Schließlich sind Bedürfnisse nicht das gleiche wie Vorlieben oder Wünsche.

Während wir die Nichterfüllung unserer Wünsche oder Vorlieben nämlich unbeschadet überstehen können, müssen unsere Bedürfnisse zumindest hinreichend gestillt werden. Sollte dies nicht gelingen, droht uns zwangsläufig ein zunehmendes Mangelgefühl und schließlich sogar ein Verkümmern in Teilbereichen unseres Lebens.

Ein Beispiel:

Nehmen wir an, ich hätte schon lange den Wunsch, irgendwann einmal in die Karibik zu fliegen. Wenn ich diesen Wunsch niemals in die Tat umsetzen kann, ist das natürlich schade, aber es wird mich sicherlich nicht umbringen. Anders wäre dies dagegen, wenn ich mein Bedürfnis nach Nahrung nicht mehr hinreichend stillen könnte. Dies würde früher oder später zu meinem körperlichen Verkümmern und im Extremfall sogar zu meinem Tod führen.

Auf die Erfüllung von Wünschen und Vorlieben können wir also zur Not verzichten. Auf die hinreichende Stillung unserer Bedürfnisse dagegen nicht.

Nun ist es so, dass wir als Menschen eine Vielzahl von Bedürfnissen haben, die laut dem Gründervater der humanistischen Psychologie Abraham Maslow hierarchisch gegliedert sind und somit nicht alle gleichzeitig zum Vorschein kommen. Vielmehr müssen manche davon erst hinreichend erfüllt sein, bevor sich andere zeigen. Zur Veranschaulichung entwickelte Maslow die sogenannte Bedürfnispyramide, in der er zunächst 5 Ebenen postulierte, später aber noch 3 weitere hinzufügte.

Ebene 1: Die Basis all unserer Bedürfnisse bilden dabei die körperlichen Grundbedürfnisse, die unser Überleben überhaupt erst ermöglichen. Dies sind im Wesentlichen die Bedürfnisse nach Nahrung, Flüssigkeit, Schlaf, Luft, Behausung, Bekleidung, Fortpflanzung, Exkretion und Homoöstase. Wenn es uns nicht gelingt, diese Bedürfnisse hinreichend zu stillen, ist unsere Aufmerksamkeit völlig auf diesen Bereich fixiert und wir haben nur wenig Energie übrig, um uns um die Befriedigung der Bedürfnisse der späteren Ebenen zu kümmern. Auf Deutsch: wer nichts zu essen hat, wird sich kaum für seine höheren Bedürfnisse interessieren und diese auch nur wenig bis gar nicht spüren. Die Befriedigung unserer Grundbedürfnisse der Ebene 1 ist eine notwendige aber nicht hinreichende Voraussetzung für ein glückliches Leben. Wir spüren ihre Bedeutung für unsere Lebenszufriedenheit in der Regel nur, wenn sie nicht gestillt werden können. So macht es uns z.B. nicht automatisch glücklich, wenn wir Luft zum Atmen oder genug zu essen haben. Aber es macht uns sehr wohl unglücklich, wenn uns beides nicht mehr zur Verfügung steht.

Ebene 2: Sind unsere körperlichen Grundbedürfnisse jedoch hinreichend gestillt, tauchen unweigerlich Bedürfnisse nach Faktoren auf, die unsere dauerhafte Sicherheit gewährleisten. Im Wesentlichen geht es uns dabei um unsere materielle und berufliche Sicherung, um soziale Stabilität, Gesundheit, Ressourcen und Familie.

Ebene 3: Sind die ersten beiden Bedürfnisebenen hinreichend befriedigt, rücken unsere sozialen Bedürfnisse in den Vordergrund. Hierbei geht es um unser Bedürfnis nach allem, was uns ein Gefühl der Verbundenheit, der Zugehörigkeit, Liebe, Intimität und Freundschaft vermittelt.

Ebene 4: Auf dieser Ebene sind all jene Bedürfnisse betont, die damit zusammenhängen, die eigene Individualität zu befriedigen. Hier sehnen wir uns zum einen nach Selbstbestimmtheit, Unabhängigkeit und persönlichen Erfolgen, die unseren Selbstwert steigern. Zum anderen geht es uns hier aber auch um soziale Anerkennung, Status, Zustimmung und den Respekt und die Wertschätzung durch andere.

Ebene 5: Sind die meisten der bisher genannten Bedürfnisse aber erst einmal hinreichend gestillt, tritt laut Maslow schließlich das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung zu Tage. Hierbei geht es um das Bedürfnis, die bestmögliche Version von sich selbst zu werden, die eigenen Potenziale optimal auszuschöpfen, eine hohe Moral zu leben, die eigene Kreativität zu entfalten, spontan zu sein, die Erfahrung von Sinnhaftigkeit und Bedeutung zu machen und inneren Frieden zu finden.

Gegen Ende seines Lebens formulierte Maslow für den Bereich zwischen Ebene 4 und 5 noch zwei zusätzliche Bedürfnisebenen, nämlich unsere kognitiven und ästhetischen Bedürfnisse, sowie ein ultimatives Bedürfnis nach Selbsttranszendenz jenseits der Selbstverwirklichung.

Unsere kognitiven und ästhetischen Bedürfnisse spiegeln sich darin wieder, dass uns irgendwann in unserer Entwicklung Wissen, Verständnis, Einsicht, Begreifen, Ausgewogenheit, Schönheit und Harmonie besonders wichtig werden.

Bei dem Bedürfnis nach Selbsttranszendenz wollen wir schließlich über unsere eigenen menschlichen Grenzen hinauswachsen und unsere individuell geprägte Spiritualität leben und entfalten.

 

In seinem ersten 5-stufigen Pyramidenmodell bezeichnete Maslow die unteren 4 Stufen als Defizitbedürfnisse und die höchste Stufe als finales Wachstumsmotiv. In diesem Zusammenhang behauptete er, dass es auf jeden Fall problematische körperliche und seelische Folgen hat, wenn man die eigenen Defizitbedürfnisse nicht hinreichend befriedigt. Wer also ständig in Unsicherheit lebt, von existenziellen Ängsten geplagt wird oder sozial isoliert ist, wird auf  Dauer krank werden. Das höchste Bedürfnis dagegen, nämlich das nach Selbstverwirklichung könne laut Maslow aber nie ganz erfüllt werden. Vielmehr bilde dieses die Grundlage all unserer Motivation.

 

Nun gibt es durchaus Kritik an Maslows Bedürfnispyramide. So wird z.B. darauf hingewiesen, dass es nicht wahr ist, dass die Bedürfnisse der höheren Ebenen erst dann auftauchen, wenn die Bedürfnisse der darunter befindlichen hinreichend gestillt sind. So gibt es z.B. durchaus Menschen in Krisengebieten, denen es an Nahrung mangelt oder deren Menschenrechte verletzt werden, die sich sehr wohl für Spiritualität und Selbsttranszendenz interessieren. Abgesehen davon können Bedürfnisse verschiedenster Ebenen gleichzeitig vorhanden sein und Bedürfnisse der höheren Ebenen können auch in umgekehrter Reihenfolge verspürt werden (z.B. kann das Bedürfnis nach Selbsttranszendenz vor dem Bedürfnis nach Status, Anerkennung etc. auftauchen). Dies stimmt auch mit meinen Erfahrungen überein.

Trotzdem gibt uns die Bedürfnispyramide Maslows wichtige Hinweise für das Verständnis unserer selbst, sowie dafür, wie wir uns verhalten sollten, wenn wir glücklich werden wollen.

 

Zum einen zeigt uns Maslow auf, dass wir viele verschiedene Bedürfnisse haben, die wir meist nicht alle gleichzeitig wahrnehmen. Fast immer stehen nur einige davon im Vordergrund und verdecken die Wahrnehmung der anderen. Die Befriedigung dieser vordergründig wahrgenommenen Bedürfnisse erfüllt aber niemals all unsere Bedürfnisse, so dass wir immer nur kurzzeitig und vorübergehend erfüllt und bedürfnislos sein können.

Diese Erkenntnis ist der Todesstoß für unsere üblichen Erwartungen, die der Logik folgen: „Wenn ich erst einmal dies oder jenes erreicht habe oder besitze, dann werde ich glücklich sein.“ In Wirklichkeit werden durch jede weltliche Errungenschaft immer nur ein Bedürfnis oder bestenfalls mehrere kurzfristig gestillt sein. Aber schon nach kurzer Zeit werden neue Bedürfnisse in uns auftauchen und wir werden feststellen, dass wir neue und/oder andere Dinge benötigen, um weiterhin glücklich zu sein. Die Jagd nach Dingen, die uns für immer glücklich machen, ist somit ein Unterfangen, das zwingend zum Scheitern verurteilt ist.

Die Bedürfnispyramide von Maslow weist uns aber auch darauf hin, dass es für unser Wohlempfinden entscheidend wichtig ist, dass wir unsere Bedürfnisse so gut wie möglich kennen, sie so umfassend wie möglich berücksichtigen und auch alle hinreichend stillen.

Es reicht eben nicht, nur auf eine oder zwei Bedürfnisebenen zu setzen, diese vollständig zu befriedigen und alle anderen zu ignorieren. Ein solches Verhalten wird sich auf Dauer unweigerlich rächen, indem es zu einem unangenehmen Mangelgefühl und allerlei Problemen führt.

Letztlich deutet Maslow mit seiner Arbeit aber auch darauf hin, dass wir niemals Erfüllung und ein Gefühl des Friedens erlangen können, wenn wir unsere Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung und Selbsttranszendenz nicht berücksichtigen. Gerade das Bedürfnis nach Selbsttranszendenz ist vielen Menschen als solches aber überhaupt nicht bewusst. Objektiv betrachtet mag es so aussehen, als würden all ihre Bedürfnisse gestillt werden. Trotzdem spüren sie in ihrer Seele unterschwellig ein beständiges Mangelgefühl, ohne zu verstehen, was ihnen eigentlich fehlt.

Wenn auch du zu den Menschen gehörst, die unter einem solch unerklärlichen Mangelgefühl leiden, dann könnten für dich Einheitserfahrungen, wie sie mit verschiedenen Psychointegrationsmethoden erlebt werden können, ein wahres Aha-Erlebnis darstellen und dir neue Dimensionen deiner selbst eröffnen.

Falls dich dieser Artikel neugierig gemacht hat, kannst du dich gerne für eine Online-Sitzung bei mir melden und dich von mir durch einen Prozess führen lassen, der dich aus der Dualität heraus in die Einheit jenseits aller Gegensätze führt.