In diesem blog habe ich bereits einen Artikel über sogenannte Gipfelerfahrungen geschrieben. Gipfelerfahrungen kennzeichnen jene Momente in unserem Leben, in denen wir uns weit über das Alltagsbefinden hinaus erhoben fühlen. Vielleicht, weil wir uns gerade verliebt haben, vielleicht, weil wir bei der Geburt eines Kindes anwesend sein durften und von Ehrfurcht für das Leben ergriffen wurden, vielleicht auch aus völlig unerklärlichen Gründen. Gipfelerfahrungen sind somit genau jene magischen Augenblicke, die unserem Leben Zauber verleihen. Aus diesem Grund sehnen wir uns auch alle nach ihnen und würden sie gerne so häufig erleben wie möglich.
Laut Abraham Maslow, dem Gründervater der Humanistischen Psychologie, erleben wir bei einer Gipfelerfahrung folgendes:
- Wir verlieren wir das Gefühl für Raum und Zeit
- Wir fühlen uns vollständig und frei von inneren Konflikten
- Wir fühlen uns auf der Höhe unserer Fähigkeiten und haben das Gefühl, unser Potenzial voll auszuschöpfen
- Wir erleben weder Anstrengung, Anspannung noch Kampf
- Wir fühlen weder Begrenzungen, Ängste, Zweifel noch Selbstkritik
- Wir verhalten uns spontan, expressiv und natürlich, ohne durch Anpassungszwänge eingeschränkt zu sein
- Wir haben einen freien Kopf, kreative Gedanken und Ideen
- Unsere Aufmerksamkeit ist vollständig auf den gegenwärtigen Moment gerichtet und frei von Erinnerungen und Erwartungen für die Zukunft
- Wir fühlen innere Wärme und Gefühle des freien Fließens von Energie durch den Körper.
Nun sind Gipfelerfahrungen in der Regel nur schwer planbar.
Wir können uns nicht einfach in jemanden verlieben, nur weil wir das Gefühl der Verliebtheit erleben wollen. Und es kann sich sogar als sehr kontraproduktiv erweisen, wenn wir uns vor einem bestimmten Erlebnis vornehmen, davon besonders ergriffen zu sein.
Aus diesem Grund suchen Menschen seit Jahrtausenden nach Möglichkeiten, wie sie die Chance auf Gipfelerfahrungen maximieren können.
Dabei stießen sie unter anderem auf den Konsum von berauschenden Substanzen und stellten fest, dass dies wahrscheinlich die einfachste und schnellste Form darstellt, um die eigene Befindlichkeit zu verändern und auch Gipfelerfahrungen jeglicher Art auszulösen. Kein Wunder also, dass Drogen so weit verbreitet sind und sich überall auf der Welt großer Beliebtheit erfreuen.
Sie sind sogar so begehrt, dass es bisher keinem politischen System gelang, den Rauschmittelkonsum in der Bevölkerung zu unterbinden. Vielmehr scheint sogar das Gegenteil der Fall zu sein. Schließlich stellen die Herstellung und der Vertrieb von legalen und illegalen Drogen heute mit die größten Wirtschaftszweige der Welt dar.
Allein diese Tatsache sollte schon Anlass genug dafür sein, sich etwas genauer mit Rauschmitteln als „Glücksspender“ zu beschäftigen.
Wie ich in meinem Buch „Glücklich sein und Frieden finden – wie geht das?“ erwähnt habe, gibt es inzwischen über 600 psychoaktive Substanzen auf dem (Schwarz-) Markt. Sie alle haben die Potenz, unser Bewusstsein auf die verschiedensten Arten zu verändern.
- So wirken die sogenannten Sedativa und Hypnotika wie Benzodiazepine oder Opiate z.B. dämpfend auf das Zentralnervensystem. Sie fördern den Schlaf, entspannen, lösen Ängste und wirken zum Teil auch euphorisch. Sie haben oft ein sehr hohes Suchtpotential und lösen körperliche Entzugssymptome aus, wenn sie täglich über einen gewissen Zeitraum konsumiert werden.
- Stimulanzien sind das Gegenteil der Sedativa. Sie regen den Organismus an, wirken aufputschend, steigern den Fokus und die Leistung und machen extrem wach. Da sie oft euphorisierende Effekte haben, werden sie gerne als Partydrogen benutzt. Auch Stimulantien haben eine hohe Suchtgefahr, wobei die Sucht stärker im Bereich der Psyche wirkt und erst bei starkem Konsum körperlich wird. Beispiele für Aufputschmittel sind Amphetamine oder Kokain.
- Empathogene und Entaktogene wie MDMA bewirken eine Intensivierung positiver Gefühle und oft eine verstärkte emotionale Öffnung gegenüber anderen. Der Bewegungs- und Rededrang nehmen zu, man wird euphorisch und hat ein verändertes, meist angenehmes Körpergefühl. Kein Wunder also, dass sie in der Partyszene sehr beliebt sind.
- Psychedelika bzw. Halluzinogene sind Substanzen, die sowohl die Sinneswahrnehmungen, das Denken, Fühlen und Ich-Erleben dramatisch verändern können. Berühmte Psychedelika sind LSD und psilocybinhaltige Pilze.
- Dissoziativa wie Ketamin oder Lachgas führen zu einer Abkopplung mentaler Prozesse vom Bewusstsein durch Dissoziation. Dies bedeutet, dass es zu Bewegungsstörungen, Schwindel Betäubung, häufig Sedierung/Entspannung, aber auch zu einer starken Veränderung der Gedanken und einem intensiven Trip kommen kann.
- Delirantia wirken dissoziativ, führen in höheren Dosen zu Desorientierung und echten Halluzinationen. Die Gefahr von Vergiftungen ist zudem oft sehr hoch. Aus diesem Grund sind sie sehr beängstigend und gefährlich. Beispiele für Delirantia sind die Tollkirsche und der Stechapfel.
Natürlich ist nicht jeder veränderte Bewusstseinszustand automatisch auch eine Gipfelerfahrung. Als Beispiel hierfür brauchen wir uns nur an einen Alkoholvollrausch erinnern.
Trotzdem ist das große Interesse an psychoaktiven Substanzen unterschwellig von der Sehnsucht nach Gipfelerfahrungen bzw. deren Eigenschaften genährt.
Nun kann niemand leugnen, dass psychoaktive Substanzen bei geeigneter Dosierung mindestens eines oder gar mehrere der oben gelisteten Aspekte einer Gipfelerfahrung auslösen können. Und genau dies macht ihren enormen Reiz aus.
Bei genauer Betrachtung dieser Aspekte fällt jedoch auf, dass es dabei hauptsächlich um folgende Erlebnisse geht:
- Unsere inneren Konflikte hören auf
- Wir fühlen uns im Hier und Jetzt präsent
- Wir sind spürbewusst
- Wir grübeln nicht und sind sorgenfrei
- Wir genießen den gegenwärtigen Zustand
- Wir erleben Flow Zustände
Leider sind diese Erlebnisse beim Konsum von psychoaktiven Substanzen zeitlich immer begrenzt, so wie bei allen anderen Gipfelerfahrungen auch. Zudem kommt es nach dem Rauscherleben häufig zu einer unangenehmen Nachwirkung, einem Kater, während dem man sich schlechter fühlt als vor dem Konsum.
Da Gipfelerfahrungen aber so schön sind und wir sie am liebsten so oft wie möglich erleben würden, taucht in unserem Bewusstsein in der Folge sehr leicht der Wunsch auf, die psychoaktive Substanz häufiger zu konsumieren. Dabei wird übersehen, dass eine Gipfelerfahrung nur deshalb so außergewöhnlich ist, da sie selten erlebt wird. Wenn wir an 100 Tagen hundert Mal den gleichen Gipfel besteigen, verblasst das anfängliche Gipfelerlebnis allmählich und wird zum Alltäglichen. Dadurch hört die ursprüngliche Gipfelerfahrung auf, eine Gipfelerfahrung zu sein. Typischerweise steigt dann die Sehnsucht nach neuen und höheren Gipfeln und das Alltägliche wird immer langweiliger.
So gerät man leicht in die Suchtspirale, in deren Verlauf sich das, was anfänglich mit einer Gipfelerfahrung begann, allmählich in einen Alptraum verwandeln kann.
So sind psychoaktive Substanzen zwar tatsächlich ungeheuer interessant, aber für undisziplinierte und unachtsame Menschen äußerst gefährlich.
Zum Glück ist es durch eine kombinierte Anwendung von Achtsamkeitsübungen und Methoden der Psychointegration durchaus möglich, einige der Sehnsüchte zu stillen, die den Drogenkonsum motivieren. Und das nebenwirkungsfrei und dauerhaft:
- Unsere inneren Konflikte werden dadurch immer weniger
- Wir fühlen uns immer häufiger im Hier und Jetzt präsent
- Wir sind immer öfter spürbewusst
- Wir grübeln immer weniger und machen uns weniger Sorgen
- Wir werden zunehmend fähig, den gegenwärtigen Augenblick zu genießen
- Wir erleben immer häufiger Flow Zustände
Wenn du mehr über die Prinzipien und Möglichkeiten der Psychointegration erfahren möchtest, dann kannst du dies durch die Lektüre meiner Bücher, insbesondere des Buches „Jenseits der Polaritäten“.